Fortbildungstag 2023
Wie eine gute Fehlerkultur in die Sackgasse führen kann
- Posted by: Michael Wachholz
- Category: Beschwerden Kommunikation Kritikgespräche Mitarbeiterführung Tipps für den ärztlicher Dienst Tipps für Pflegekräfte
Wie eine gute Fehlerkultur in die Sackgasse führt
und warum es keinen Sinn macht, dass Mitarbeitende zu ihren Fehlern stehen.
Immer wieder sagen mir Führungskräfte, dass sie sich in ihrem Team eine gute Fehlerkultur wünschen. Sie wollen, dass Ihre Mitarbeitenden zu ihren Fehlern stehen, schließlich kann allen mal ein Fehler passieren.
So sehr ich die Idee mag, so falsch sind leider die Konsequenzen, oft daraus gezogen werden
Was ich damit meine? Lassen Sie mich mit einem Beispiel antworten.
Ein Patient bittet eine Mitarbeiterin, ihm dringend seine Labordaten zu schicken. Die Mitarbeiterin, die bereits Feierabend hat, druckt die Seite mit den Labordaten aus. In der Hektik vergisst sie jedoch, die Namen der anderen Patienten zu schwärzen. Es kommt, wie es kommen muss: Der Patient beschwert sich bei der Geschäftsleitung über den nachlässigen Umgang mit vertraulichen Daten.
Daraufhin bittet die Vorgesetzte bittet daraufhin die Mitarbeiterin zu einem Gespräch und schildert ihr die Situation.
Der Mitarbeiterin ist ihr Fehler offensichtlich sehr unangenehm. Nervös erklärt sie die Situation. „Das war so hektisch. Ich musste eigentlich schon auf dem Weg sein, doch ich wollte den Brief noch unbedingt am selben Tag verschicken. Schließlich brauchte der Patient die Daten dringend.“
Was hätten Sie gemacht?
Ich vermute, dass viele Führungskräfte die Mitarbeiterin auf die Tragweite ihres Fehlers hingewiesen und aufgefordert hätten, in Zukunft aufmerksamer zu arbeiten.
Die Vorgesetzte ging es anders an. „Hm, das ist schlecht gelaufen. Lass uns überlegen, wie wir in Zukunft vermeiden, dass Patienten die Daten von anderen Patienten auf dem Ausdruck sehen können.“
Mit dem Vorschlag der Mitarbeiterin, sie würde in Zukunft besser aufpassen, war die Vorgesetzte nicht zufrieden. „Hier ist es oft hektisch. Der Fehler könnte irgendwann auch anderen passieren. Lass uns eine Lösung finden, die das quasi unmöglich macht.“
Spannend finde ich, wie die Vorgesetzte die einfachste Lösung vermied. Nach Schuldigen zu suchen. Sie vermied es sogar, den Umweg über das Suchen der Problemursache zu nehmen. Sie wollte einfach eine Lösung für das Problem.*
„Wie können wir das Problem in Zukunft vermeiden?“
Merke:
-
Suchen Sie nicht nach Schuldigen, denn das führt oft nur zu Rechtfertigungen.
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Finden Sie stattdessen Lösungen, die den Fehler grundsätzlich vermeiden.
Doch was machen Sie, wenn Sie den Fehler für ein persönliches Fehlverhalten Ihres Gesprächspartners halten?
Dann fragen Sie, wie er diesen Fehler in Zukunft vermeiden wird.
Fällt ihm dazu nichts ein? Nicht schlimm. Geben Sie ihm Zeit, seinen Ideen dazu in Ruhe aufzuschreiben.
Wenn Sie dem Vorschlag zustimmen, können Sie ihn anweisen, sich an diesen, selbstgefunden Prozess zu halten. Oder Sie lassen sich seinen Vorschlag gleich unterschreiben.
Wie eine gute Fehlerkultur in die Sackgasse führt,
wenn Mitarbeitende zu ihren Fehlern stehen.
Was ich mit dieser etwas provokanten Überschrift meinte:
Seien Sie nicht zufrieden, wenn Mitarbeitende einen Fehler zugeben. Auch nicht, wenn sie versprechen, den Fehler in Zukunft zu vermeiden.
Finden Sie stattdessen Wege, die Fehler dieser Art grundsätzlich vermeiden. Denn dann profitieren alle nachhaltig von den Fehlern einzelner.
* Die beiden fanden übrigens mit der EDV-Abteilung eine Möglichkeit, dass in Zukunft beim Ausdruck die „unerwünschten Daten“ automatisch geschwärzt werden.